SCHAMANISMUS Mag. EVA RUPRECHTSBERGER Lehrbeauftragte von Sandra Ingerman
DER SCHMETTERLING
Schmetterlinge gehören zu den größten Wundern. Hast Du jemals gesehen, wie ein Schmetterling seinem Kokon entsteigt? Es ist ein furchtbares Ringen.
Es scheint ein große Qual für das Tier zu sein. Vielleicht ist es das auch. Nur der Schmetterling kann das wissen.
Aber eines ist gewiss: es ist ein unausweichliches Ringen. Der Schmetterling muss die Hülle seines alten Lebens durchbrechen – die Puppe, die ihn eine Zeit lang vor anderen Insekten, Vögeln und Eidechsen schützte….
Und vor anderen Gefahren, wie Wind und Regen, eben all den Dingen, die ihn aufgrund seiner Schwäche zerstört hätten.
Doch eines Tages muss er aus seinem Kokon ausbrechen. Er will ein neues Dasein führen und dazu muss er seine Hülle verlassen. Aber der Kokon ist kein Zimmer mit einer Tür.
Es ist etwas, das der Schmetterling selbst geschaffen hat, aus einem einzigen endlos gesponnenen Faden.
Wieder und wieder hat die Raupe den Faden um sich gesponnen, bis sie darin eingeschlossen war. Doch jetzt ist ein Schmetterling daraus geworden, der ins Freie drängt.
Aber er ist eingesperrt. Und einzelne Fäden, die zuvor mit einer gewissen Leidenschaft gesponnen wurden, wollen nicht reißen. Sie legen sich um seinen Leib und halten ihn fest.
Der Anblick seines Ringens um Freiheit kann sowohl beängstigend als auch hoffnungsvoll sein. Aber für den Schmetterling ist es ein hartes, über Leben und Tod entscheidender Kampf. Wenn ich einen Schmetterling sich aus seiner Puppe mühen sehe und Mitleid mit ihm habe, bin ich manchmal versucht, die Hand Gottes zu spielen und ihm zu helfen. Es braucht ja nicht viel, ich müsste nur ein paar Fäden zerreißen.
Es würde sein Ringen so viel einfach machen und der Schmetterling würde nie etwas davon wissen.
Aber ich mache es trotzdem nicht.
Weißt du, warum? Weil ich weiß, dass es ihn vernichten würde. Er würde sterben. Der Schmetterling hat ein bestimmtes ‚Etwas’ in seinem Bauch und dieses Etwas ist gefüllt mit einer Flüssigkeit, die sich in den Adern der Schmetterlingsflügel verteilen muss. Durch die Anstrengung und das zähe Ringen, aus dem selbst gesponnenen Kokon zu entkommen wird diese Flüssigkeit aus dem ‚Etwas’ heraus- gedrückt und fließt in die Adern der Flügel.
Ohne diese Flüssigkeit in den Flügeln könnte er sie niemals aufschlagen und davonfliegen.
Er würde stattdessen zu Boden fallen und sterben.
Der Schmetterling muss das alles alleine tun. Wir alle müssen es alleine tun. Das hat die Natur, das hat Gott so vorgesehen.
Aus ‚Sommer der Wunder’ von Dennis Smith